ARC - Church
 

ARC - Church
DIN (2010)
(5 Stücke, 74:32 Minuten Spielzeit)

ARC, das ist das britische Elektronikduo Ian Boddy und Mark Shreeve, die seit einigen Jahren eine Kollaboration eingegangen sind und in unregelmäßigen Abständen CDs veröffentlichen. Das neue Album heißt „Church“ und ist, wie könnte es bei dem Namen auch anders sein, bei einem Konzert, das die beiden in einer Kirche gegeben haben, mitgeschnitten worden. Aufgenommen wurde die Musik während der Gathering Konzerte, die am 14.11.2009 in der St. Mary’s Church im amerikanischen Philadelphia stattfanden.

 


Fünf Tracks zwischen 10:19 und 21:34 Minuten hält das Album bereit, das zeigt, das hier ausufernde Elektronikausflüge auf dem Programm stehen. Und mit dem Titelstück, das mit Glockenklängen beginnt, haben sie auch gleich den längsten Track an den Anfang gestellt. Das recht rhythmische Stück wirkt zum einen sakral, zum anderen hat es aber auch arabische bzw. nach mittlerem Osten klingende Sounds zu bieten, so dass mir beim Hören spontan die Kreuzzüge einfallen. Vor meinem geistigen Auge habe ich dabei in den ersten gut fünf Minuten eine Szene aus dem Film „Königreich der Himmel“ vor mir.

Nach fünf Minuten ändert sich die Stimmung und perlende Synthies und recht kühle elektronische Tunes lassen mich eher an eine Unterwasserwelt oder eine Industrieanlage denken. Dann kommt der typische Rhythmus, den ich bei diesem Duo so liebe, umgarnt von warmen Mellotronsounds schicken sie nun den Hörer in die Hochzeit der „Berliner Schule“. Das ist traumhaft und die Sinne benebelnd. Einige Sounds klingen auch wie bei Cosmic Hoffmann. Das ganze ist aber nur das Vorspiel für den nach weiteren wenigen Minuten einsetzenden Sequenzer. Spätestens jetzt hebt der Hörer ab. Ein tolles Stück das sich bis zum Ende immer weiter entwickelt und Haken in verschiedene Richtungen schlägt.

Nach einem kurzen Applaus kommt das 14minütige „Bliss Plane“, das den Spirit weiterführt und noch um Melodiebögen und herrliche Sounds erweitert. Und in diesem fantastischen Stil geht es von Stück zu Stück weiter. Einen einzelnen Titel kann man aus diesem intensiven Elektronikalbum nicht hervorheben, denn die Tracks besitzen alle die gleiche Spannung und fesseln den Hörer an den Boxen. So sollte man sich auch nicht von dem verhaltenen Beginn und recht monoton wirkenden ersten Part des elfminütigen „Torch“ blenden lassen, denn die zweite Hälfte ist absolut faszinierend.

Wer die Musik von ARC oder die Solosachen von Boddy und Shreeve mag, der kann hier bedenkenlos zuschlagen, denn wo ARC draufsteht, ist auch ARC drin. Wer Sequenzer orientierte und in der „Berliner Schule“ verwurzelte Elektronikmusik mag, der bekommt hier genau das richtige. Ein tolles Album, der beiden britischen Musiker.

Stephan Schelle, Mai 2010

 
   

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