Anders Jørgenson – Greatest Hits
 

Anders Jørgenson – Greatest Hits
SynGate (2016)
(
6 Stücke, 58:07 Minuten Spielzeit)

Wenn ein neuer Musiker sein erstes Album „Greatest Hits“ nennt, dann zeugt das von Übermut, einem starken Selbstbewusstsein oder Humor. Wer aber ist dieser Anders Jørgenson? Handelt es sich um einen neuen Elektronikmusiker aus Skandinavien? Mitnichten. Der Name setzt sich aus Abwandlungen der Vornamen der beiden Elektronikmusiker zusammen, die hier erstmals einen gemeinsamen Output vorlegen. Anders ist von Andreas Kleinwächter abgeleitet und Jørgenson von Jörg Erren. Letzterer sollte den Freunden der Elektronikmusik von dem Projekt Erren, Fleissig, Schöttler, Steffen bekannt sein.

 

 


Jetzt also hat Andreas Erren einen neuen Partner für seine Musik gefunden. In drei Musiksessions, die in Köln und Bielefeld entstanden sind,  haben die Beiden die sechs Stücke eingespielt, die auf der CDR „Greatest Hits“ versammelt sind. Stilistisch vermischen sie dabei elektronische Musik der Marke „Berliner Schule“ mit einer Prise Synthiepop/Electro.

Gestartet wird mit dem achteinhalbimütigen „The Good, The Bad And The Modular“ (ein Wortspiel zu einem Westernklassiker von Regisseur Sergio Leone mit dem Name „The Good, The Bad And The Ugly“). Damit wird schon deutlich das sie unter anderem ihre Musik durch „Rumschrauben“ an einem großen Modularsystem entwickelt haben.

Der zweite fast 13minütige Track „Stormchaser“ beginnt mit einem Rhythmus und Sound, der sehr stark an Ashra erinnert. Dann entwickelt sich aber nach einigen Momenten diese Atmosphäre zu einem pumpenden Beat mit herrlichen dahinfliegenden Synthiesounds und einer Sequenzerabfolge, die langsam in eine hypnotische Phase übergeht. Auch nimmt die Dynamik langsam Fahrt auf. Das wirkt aber auch recht monoton und entwickelt sich nur sehr langsam. Die beiden variieren die Sounds langsam aber stetig, ohne die Grundstimmung zu verändern.

Mit sehr perkussiven Passagen beginnt der nächste Track „The Secret Of Stonehenge“. Zunächst pulsiert der Sequenzer, ohne das die Beiden etwas hinzufügen. Erst nach gut anderthalb Minuten kommen Klangtupfer hinzu und die Musik steigert sich stetig. Nach zweieinhalb Minuten ergänzen sie diese Atmosphäre durch Synthiechöre. Dynamik und Lautstärke nimmt weiter zu, um am Ende mit einem pulsierenden Rhythmus wieder auszuklingen.

Sehr schöne Klangfarben offeriert das Duo dann im 9:42minütigen „Tsing Tao“. Auch hier lassen die beiden den Track langsam im Bereich Dynamik und Lautstärke anschwellen. Allerdings gehen sie in diesem Stück wesentlich harmonischer und hypnotischer vor. „Space Hockey“ ist ein spaciger Track, der teils bedrohlich wirkende Klangfarben aufweist. Im weiteren Verlauf kommen dann technoide Strukturen auf. Der Abschlusstrack „Monster“ klingt dagegen antiquiert, da er sich wie ein Computerspielsoundtrack bzw. auf einem alten Computer erstellt, anhört. Der transparente Klang zeigt aber, dass hier mit hochwertigem Equipment gearbeitet wurde. Allerdings hat dieser Track einen kraftvollen Rhythmus und eine ganz eigene Dynamik, die eine starke Faszination verbreiten.

Die Mischung aus traditioneller Elektronik und Beats, die an Electro und Synthiepop erinnern, ist den beiden Musikern Andreas Kleinwächter und Jörg Erren, die unter dem Namen Anders Jørgenson firmieren, wirklich gut gelungen. Da treffen bekannte Sounds auf ungewöhnliche Klang- und Rhythmusmotive, was die Aufnahme spannend macht. Ich will mal hoffen, dass es nicht nur bei dieser einen Zusammenarbeit bleibt und damit der Titel „Greatest Hits“ eine ganz eigene Bedeutung bekommt.

Stephan Schelle, März 2016

 
   

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