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  Anam Cara - Canhywallan Cyrth – The Everlasting Flame
7 / 79:59 (2004)

Anam Cara ist der irischen Sprache entnommen und bedeutet soviel wie “Seelenfreund”. Und zwei musikalische Seelenfreunde haben sich hier gefunden, die unter Verwendung von Pseudonymen auf diesem Longplayer musizieren. Da wäre zum einen Tyler Whitney an den Keyboards, Stimme, Schlagzeug und Rhythmusprogrammierung, Samples, Natursounds und Effekte sowie Robert Kath, der alle Gitarrenparts eingespielt hat. Neben diesen beiden festen Bandmitgliedern wirkt noch Don Carstello – natürlich auch ein Pseudonym – als Gastmusiker mit, der an Didgeridoo, Rainstick und Perkussion zu hören ist. Die Musiker sind keine unbekannten, wollen aber für dieses Projekt, das bereits seit 1998 besteht, erst einmal unerkannt bleiben und ihre Musik für sich sprechen lassen.

Die sieben Stücke der mit fast 80 Minuten Spielzeit bis an den Rand gefüllten CD sind spontan entstanden und wurden im Studio live in Form von Sessions eingespielt. Getreu dem Motto eines Malers oder Dichters, der auch einzigartige Werke schafft, entstanden die Stücke punktuell und stellen so, was die Einspielung betrifft, ein nicht wiederholbares Ereignis dar. Somit haben sie die Stücke in der Tradition der psychedelischen Bands der 60’er und 70’er Jahre entwickelt.
 

 

 

Nun, was erwartet den Hörer auf Canhywallan Cyrth – The Everlasting Flame? Der CD-Titel stammt aus dem walisischen und bezeichnet eine Art bläuliche Flamme, die prophetisch warnend von einem bevorstehenden Ereignis kündet. Aber weder irisch noch walisisch angehauchte Musik tönt aus den Boxen, vielmehr lässt sich die Musik von Anam Cara nicht eingrenzen. Auf der CD wird ein Mix aus verschiedenen Stilen wie Psychedelic, Ambient, Spacemusic, Trip-Rock und Krautrock geboten.

Die einzelnen Stücke weisen identische Muster auf, so entwickeln sie sich langsam, teils monoton, um dann wieder in neue Sounds, Rhythmen und Melodielinien zu verzweigen. Die Musik hat auf den Hörer eine mystische Wirkung, wird man doch unweigerlich - wie durch einen Sog - in sie hineingezogen. Dieser Magie kann man sich kaum widersetzen.

Die CD beginnt mit dem fast neunminütigen Dreamcatcher. Ambientklänge, die im Stile der amerikanischen Musiker Steve Roach und Robert Rich gehalten sind, bilden die Grundlage dieses Songs. Ruhige Synthiepassagen, die von einem gleich bleibenden Schlagzeugrhythmus getragen werden lassen einen in die Musik einsteigen. Die sich in ihrer Art und Intensität leicht verändernden Töne nehmen einen sogleich gefangen und man taucht tief in diesen Sound ein. Es folgt eine Art Sprechgesang, der mich an die Produktionen von Tom Redecker (The Perc, Electric Family) erinnert. Immer tiefer wird man wie durch einen Zeittunnel in die Musik hineingezogen.

Die einzelnen Stücke sind mit Ausnahme von Flowers To Survive, das mit einem ungewöhnlichen Rhythmus besticht, Cold, das durch weitere Elemente wie Beat, Rock, Ethno und Clubsounds angereichert ist sowie dem Abschlusstitel Legends, in dem durch den Einsatz der Perkussion ein orientalischer Touch erzeugt wird, im gleichen Stil gehalten. Die drei vorgenannten Stücke lockern die Umklammerung der magischen Songs auf, um in den Folgetiteln dann gleich wieder stärker anzuziehen.

Mal sägen die Gitarren, dann schweben Synthieflächen durch den Raum oder Tyler erzeugt durch seine Stimme unterschiedliche Stimmungslagen. Außerdem bleiben die Stücke (auch mit knapp 14 und 30 Minuten Länge) durch Tempo-, Rhythmus- und Melodiewechsel spannend. Es entwickelt sich eine Art Soundtrack, über den eine Geschichte erzählt wird.

Die CD bietet einen Soundtrack für Filme, die vor dem geistigen Auge des Hörers entstehen. Mal sieht man weite Landschaften, ein Windspiel, das sich im Wind bewegt, dann wiederum fällt man in einen wirbelnden Strudel um auf einem orientalischen Markt wieder zur Besinnung zukommen.

Mein Tipp: Kopfhörer auf, Lautstärke hoch, Augen zu und sich dann von der Musik einsaugen lassen.

Stephan Schelle, April 2004

 
   

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