Scorpions – Forever And A Day
Eagle Vision (2015)

(100 Minuten Spielzeit)

 Die Geschichte einer Rockband, die bereits auf 50 Jahre Bandgeschichte zurückblicken kann, in 100 Minuten zu erzählen, ist ein schwieriges Unterfangen. Die deutsche renommierte Filmemacherin Katja von Garnier, die durch ihre Filme „Bandits“ und „Ostwind“ bekannt geworden ist, hat sich dieser Herausforderung gestellt und die Scorpions auf ihrer Farewell Tour rund um den Globus von 2011 bis ins Jahr 2012 begleitet. Diese Tour sollte eigentlich den krönenden Abschluss ihrer Karriere darstellen. Wie wir jetzt wissen, konnte die Hannoveraner Hardrockband aber nicht aufhören und ist immer noch aktiv.

Die Dokumentation über die Scorpions erscheint am 21.08.2015 unter dem Titel „Forever And A Day“ als DVD und BluRay. Mir lag die DVD-Ausgabe zur Besprechung vor. 


Der Film zeigt die Mitglieder der Band Klaus Meine, Rudolf Schenker, Matthias Jabs, James Kottak und Pawel Maciwoda hautnah. Daneben sind im Film exklusive Bilder von der Farewell Tour zu sehen und es kommen noch zahlreiche weitere Personen aus dem familiären Umfeld, Weggefährten wie Produzent Dieter Dierks sowie Prominente wie Michail Gorbatschow (mit dem ehemaligen russischen Präsidenten ist der Song „Winds Of Change“ eng verbunden, steht Gorbatschows Name er doch für Glasnost – Aufhebung der Einschränkung von Presse- und Redefreiheit - und Perestroika – Umbau und Modernisierung des sowjetischen Systems - und damit der Annäherung Russlands zur westlichen Welt, die leider im Moment wieder arg zu bröckeln scheint), Wladimir Klitschko, Don Dokken und Kiss-Gitarrist und -Sänger Paul Stanley zu Wort.

Der Film, der eine Produktion der DOKfilm und der Tempest Film ist und in Koproduktion mit der Deutschen Welle und dem ZDF in Zusammenarbeit mit ARTE entstanden ist, zeigt einen Einblick in das Bandgefüge und dem Zusammenhalt der Band und ihrer Familien, ohne die eine derart lange Karriere, die in den 90’er Jahren einen Durchhänger zu verkraften hatte, nicht möglich gewesen wäre. Allerdings kann auch eine Katja von Garnier nur an der Oberfläche kratzen. Nichts desto trotz ist ihr aber eine interessante und schöne Doku der erfolgreichsten deutschen Rockband gelungen, die man sich gerne ansieht.

Alte Archivaufnahmen wechseln sich mit aktuellen Bildern (aus 2012) ab. Am Anfang werden Pressestimmen und Aussagen der Bandmitglieder zum geplanten Abschluss der Bandgeschichte gezeigt. Danach beginnt die Geschichte der Scorpions vom Anfang an. Auch Michael Schenker, Bruder von Rudolf, erzählt aus den Anfangstagen der Band. Sehr schön wird von Rudolf und Klaus erzählt, wie man sich traf, zusammenkam und merkte, dass sie Brüder im Geiste waren und das gleiche Ziel verfolgten. Unterlegt wird das Ganze mit historischen Bildern. Auszüge aus Konzertmitschnitten und Videos bereichern die Dokumentation.

Sehr bewegend ist der Part, in dem erzählt wird, wie sie von Michail Gorbatschow eingeladen wurden und welche Gedanken sich die Band vor dem Treffen machte. Beeindruckend auch die Aufnahmen von ihrem Konzert mit Symphonieorchester in Berlin, das sich direkt ablöst mit den Aufnahmen vom Wacken-Konzert vor 70.000 Menschen im Schlamm.

Ein ganz besonderer Moment im Film sind die Aufnahmen, die Klaus Meine und seine Frau Gabi zeigen. Hier zeigt sich, wie wichtig es auch im Rockbusiness ist, einen Rückzugspunkt zu haben, wo man so sein darf wie man ist. Und genau das kann Klaus bei seiner Frau sein. Das ist das Erfolgsrezept einer guten, funktionierenden Ehe.

Die Stimmprobleme, die Klaus bei den Konzerten in Frankreich hatte, zeigen, welche Probleme bei einer Tour/einem Auftritt entstehen können und wie man damit umgehen kann. In Bercy war es beeindruckend, wie das Publikum zusammen mit der Band gesungen hat, weil Klaus es nicht mehr konnte.

Die Doku zeigt auch in sehr eindrucksvoller Form, das es die Scorpions nicht durch Glück – sicherlich haben sie sich auch ein ums andere Mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort befunden – sondern durch zielstrebige harte Arbeit erreicht haben.

Zahlreiche, liebevolle Einstellungen finden sich in der Doku, allerdings wirken einige Passagen auch wie ein Werbefilm. Insgesamt ist die DVD aber sehr empfehlenswert. Davon zeugt, dass ich beim Reinsehen in die DVD bis zum Ende durchhalten musste, da die Dokumentation sehr fesselnd aufbereitet wurde.

Stephan Schelle, August 2015


 
 

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