Ronnie Lane Band – Live At Rockpalast 1980
Mig / made in germany music (2013)
(13 Stücke, 76 Minuten Spielzeit)

Er maß kaum 1,65 m, zählte aber zu den großen Songschreibern der 60-er Jahre: Ronald Frederick „Ronnie“ Lane schrieb zusammen mit Steve Mariott Klassiker wie „Itchycoo Park“, „Lazy Sunday“ und „Tin Soldier“. Als dieses Team 1969 auseinanderbrach, wurden aus den „Small Faces“ kurzerhand die „Faces“ mit Rod Stewart, Ron Wood und natürlich Ronnie, auch „Plonk“ Lane genannt. Einige der besten Songs auch dieser neuen Formation stammen wiederum aus seiner Feder: „Ooh Lala“, „Richmond“ und „Debris“, das kürzlich erst von Mick Hucknall gecovert wurde. Die frühere Stimme von Simply Red bezeichnete Ronnie Lane jüngst als einen „sträflich unterbewerteten Musiker“.

1973 verließ der unterschätzte Lane die Faces und nahm mit eigener Band „Slim Chance“ das Album „Anymore for Anymore“ auf. Später zog der Bassist, Gitarrist und Sänger wie ein Zigeuner mit seiner „Passing Show“ mit Zirkuszelt und Wagen durch die Lande.


Finanziell war dies ein desaströses Unternehmen, musikalisch aber ein Aufbruch zu neuen Ufern. Ronnie Lane sprengte mit seiner bunten Gruppe den Rahmen von Pop und Rock, spielte nun mit Elementen aus Folk und Vaudeville. Die Single „How Come“ schaffte es bis in die britische Top Ten, doch der ganz große Durchbruch blieb aus. Daran konnten auch die Alben „One For The Road“, „Rough Mix“ mit Pete Townshend (The Who) und der Soundtrack „Mahoney´s Last Stand“ mit Ron Wood nichts ändern.

Ende der 70-er Jahre traf Ronnie Lane dann ein noch schlimmerer Schicksalsschlag: Bei dem Mittdreißiger wurde Multiple Sklerose diagnostiziert. Trotz dieser heimtückischen Krankheit arbeitet der Musiker unermüdlich weiter, ging auf Tournee und spielte am 19. März 1980 mit einer hervorragenden Band (u.a. mit dem Rolling Stones Pianisten Ian Stewart) im WDR Studio A in Köln ein bemerkenswertes Clubkonzert für den „Rockpalast“. Vom Opener „Rats Tales (Cat Melody)“ an spürt man die Spielfreude der sieben „Mates“ von Ronnie Lane. „Flags And Banners“ und „You´re So Rude“ stammen aus Faces Zeiten, im Klassiker „I´m Ready“ kommen die Saxophonisten George und Raymond Carless zum Zuge und in „Kuschty Rye“ glänzen Gitarrist Henry McCullough und Akkordeonist Charlie Hart. Im anzüglichen „Rocket 69“ swingt und shuffelt die Band genüsslich, und Chuck Berry’s „You Never Can Tell“ macht trotz oder gerade wegen eines kleinen textlichen Blackouts von Ronnie Lane Spaß.

Am 4. Juni 1997 starb Ronnie Lane an den Folgen einer Lungenentzündung an seinem letzten Wohnort Trinidad/Colorado. Der Mitschnitt des Kölner Konzerts von 1980 bleibt somit ein einmaliges Live-Dokument dieses außergewöhnlichen Mannes. „God Bless Us All“ waren die letzten Worte, die Ronnie Lane dem Publikum im „Rockpalast“ mit auf den Weg gab. Posthum wurde er als ehemaliges Mitglied der (Small) Faces im April 2012 in die Rock´n´Roll Hall Of Fame aufgenommen. So der Pressetext.

mig veröffentlichten am 25.01.2013 diesen schönen Live-Mitschnitt erstmals auf DVD. Gleichzeitig ist das Konzert auch auf CD erhältlich. Das Bild-Format liegt im 4:3 und das Audioformat in PCM Stereo vor.

Bei dem Cover hat sich allerdings der Fehlerteufel eingeschlichen. Statt des dort angegebenen Stückes „Annie“ aus der Feder von Eric Clapton, K.M. Lane und Ronnie Lane steht das von Hank Ballard geschriebene Stück „Annie Had A Baby“ auf dem Programm. Das ist aber ein Fehler der sich leicht verschmerzen lässt.

Mig ist mit dieser Veröffentlichung wieder ein sehr schönes Zeitdokument in die Hände gefallen, das es zu heben galt. Schön, dass sich das deutsche Label so um die Konzertmitschnitte der WDR-Kultsendung verdient macht.

Stephan Schelle, März 2013


 
 

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