Paul McCartney And Wings - Rockshow
Eagle Vision / mpl Communication (1980 / 2013)
(28 Stücke, 129 Minuten Spielzeit + 10 Minuten Bonusmaterial)

Gerade erst ist das legendäre Livealbum „Wings Over America“ in remasterter Form und darüber hinaus als opulente „Limited Super Deluxe Edition“ auf den Markt gekommen, da schiebt McCartney die DVD bzw. BluRay „Rockshow“, die ebenfalls die 76’er Amerikatour der Wings dokumentiert, als audio-visuellen Livemitschnitt hinterher. Beide Veröffentlichungen machen Sinn, denn sowohl das Livealbum, das 1976 als 3-LP-Set auf den Markt kam, wie auch der Film „Rockshow“ dokumentieren eine außergewöhnliche Show des ex-Beatles und seiner Band. Allerdings hätte man den Konzertfilm der recht teuren „Limited Super Deluxe Edition“ von „Wings Over America“ spendieren können. So muss der Fan erneut die Geldbörse öffnen.

Das Konzert der Wings wurde im Rahmen der 75/76er Shows im riesigen Kingdome von Seattle aufgezeichnet und fand 1980 und 1981 in einer gekürzten Version den Weg in die Kinos. Später erschienen noch Versionen auf Video (Betamax, ein System das sich nicht gegen VHS durchsetzen konnte) und später dann auch auf Laserdisc.


Am 07.06.2013 erscheint „Rockshow“ zum ersten Mal in ungekürzter Fassung und komplett von den Original-35mm-Bändern restauriert auf DVD und BluRay. Mir lag zur Besprechung die DVD-Version vor.

Die DVD, die das 129minütige Konzert sowie eine zehnminütige Doku rund um die Tour enthält, kommt in einer sehr schön gemachten Verpackung daher. Wie ein kleines Buch mit einem 34seitigen Innenteil ist die DVD gestaltet. Darin enthalten sind Linernotes, zahlreiche Fotos, Zeitungsausschnitte, Infos zur Tour und ein Tourplakat. Das Bildformat wurde auf das heute übliche 16:9-Format konvertiert und der Sound liegt in den Formaten Dolby Digital Stereo, Dolby Digital 5.1 und DTS Surround Sound vor.

Neben vier Songs des 76’er Albums „At The Speed Of Sound“, darunter auch die beiden Hits „Silly Love Songs“ und „Let ’Em In“ hatte die Band zahlreiche Stücke von Paul’s Soloalben und den Wings im Programm. Aber auch seine Beatles-Zeit konnte Paul nicht unterdrücken und so finden sich in der Setlist mit „Lady Madonna“, „The Long And Winding Road“ und „Yesterday“ drei Klassiker der Beatles wieder.

Auf der Bühne standen neben Paul McCartney (Gesang, Bass, Piano, Akustikgitarre) seine Frau Linda McCartney (Gesang, Keyboards) sowie die langjährigen Weggefährten Denny Laine (Gesang, E-Gitarre, Akustikgitarre, Piano, Bass, Gob Iron), Jimmy McCulloch (Gesang, E-Gitarre, Akustikgitarre, Bass) und Joe English (Schlagzeug, Gesang). Neben diesen Stammmusikern sorgte in einigen der Stücken die Bläsersektion bestehend aus Tony Dorsey (Posaune), Howie Casey (Saxophon), Steve Howard (Trompete, Flügelhorn) und Thaddeus Richard (Saxophon, Klarinette, Flöte) noch für einen kraftvollen Unterbau.

Die Setlist lässt keine Wünsche übrig denn mit dem Medley aus „Venus And Mars/Rock Show/Jet“ sowie den Songs „Let Me Roll It“, „Maybe I’m Amazed“, „Live And Let Die“ – der Titeklmusik zum James Bond-Film „Leben und sterben lassen“, „Let ’Em In“, „Silly Love Songs“, „Band On The Run“ und „Hi Hi Hi“, um nur einige zu nennen, waren so gut wie alle wichtigen Songs von Paul’s Solokarriere im Programm enthalten.

Sieht die Bühne zu Beginn noch recht unspektakulär aus (zunächst wabert nur Trockeneisnebel über die Bühne und Seifenblasen durchziehen den Raum), so werden erstmals im Song „Live And Let Die“ Stroboskopeffekte eingesetzt, die durch flackerndes Licht erzeugt werden, Rauchbomben gezündet und Laserstrahlen durchziehen die Luft über der Band. Hier hätte ich mir gerne eine Totale gewünscht, die die Explosionen besser zur Geltung bringt, aber das ist „Meckern auf hohem Niveau“. Ansonsten kommen Paul und seine Wings ohne großen visuellen Firlefanz aus. Lediglich beim abschließenden „Soily“ lassen sie die Laserstrahlen noch mal Fächenrartig durch die Halle ziehen, was sehr schöne Effekte ergibt.

Das die Musiker Multiinstrumentalisten sind, das zeigt sich wenn Paul beispielsweise seine Position wechselt und ab „Maybe I’m Amazed“ für ein paar Stücke ans Piano wechselt. In diesen Momenten übernehmen abwechselnd Denny Laine und Jimmy McCulloch das Bassspiel. Und im Akustikteil der Show (u. a. „Picasso’s Last Words“, „Richard Cory“, „Bluebird”, „Yesterday“) setzen sich Paul, Danny, Jimmy und Linda an den Bühnenrand. Paul und Danny spielen dabei 12saitige Akustikgitarren. Danach geht es dann mit „Magneto And Titanium Man“ wieder kraftvoll weiter.

Auch wenn die Soundqualität im DTS Surround Sound mit heutigen Produktionen nicht ganz Stand halten kann – was sicherlich auch an den Zuschauerreaktionen liegt -, so ist der Sound doch recht gut. Die Filmaufnahmen sind sehr gut restauriert und zeigen das fesselnde Konzert aus zahlreichen Blickwinkeln.

Paul McCartney und die Wings befanden sich zum Zeitpunkt ihrer Amerikatournee auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, was die Konzertaufnahme sehr gut widerspiegelt. Mit „Rockshow“ wird ein Konzert aus den 70’ern veröffentlicht, das in keiner Rocksammlung fehlen darf.

Stephan Schelle, Juni 2013


 
 

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