Mother’s Finest – Live At Rockpalast 1978 + 2003
mig / made in germany music (2012)
(28 Stücke, 159 Minuten Spielzeit)

Berühmt berüchtigt waren die vom WDR ausgestrahlten Rockpalast-Nächte in der Essener Grugahalle. Die Macher dieser Sendung hatten unter anderem ein Faible für amerikanische Bands, die zwar in ihrem Heimatland schon Bekanntheit erlangten, auf dem europäischen Kontinent aber bisher ein unbeschriebenes Blatt waren. Aber auch noch nicht in Erscheinung getretene Bands bereiteten sie eine Bühne, so etwa auch mit der amerikanischen Band Mother’s Finest, die erst durch den Auftritt im Rockpalast einen Karriereschub bekamen. Jeder, der damals vor dem Fernseher saß als die Band um die charismatische Sängerin Joyce „Baby Jean“ Kennedy die zweite Rockpalastnacht eröffnete (es kamen danach Dickey Betts And The Great Southern und Spirit), ist ihr Auftritt in bester Erinnerung geblieben. Am 27.04.2012 erscheint nun endlich der Mitschnitt beim deutschen Label mig.


Die von Joyce Kennedy und Glenn Murdock 1975 in Chicago gegründete Band präsentierte eine Energie geladene Mischung aus Rock, Funk und Soul. Dass sie vor allem live eine Bank waren, das zeigt der Mitschnitt aus dem Rockpalast sehr eindrucksvoll. Nicht nur die Zuschauer in der Halle waren von ihrem Auftritt restlos begeistert, auch die Zuschauer an den Fernsehgeräten konnten sich dieser Energie und Spielfreude nicht entziehen.

Gleich mit dem Opener „Dis Go Dis Way, Dis Go Dat Way“ legte die Band in der Besetzung Joyce „Baby Jean“ Kennedy (Gesang), Glenn „Doc“ Murdock (Gesang), Gary „Moses Mo“ Moore (Gitarre), Michael Keck (Keyboards), Jerry „Wyzard“ Seay (Bass, Gesang) und Barry B.B. Bordan (Schlagzeug, Perkussion) ordentlich los. In Sekundenschnelle waren sie auf Hochtouren. Zu den Höhepunkten der Show zählten sicherlich „Baby Love“, das intensive und hypnotische Basssolo von „Wyzard“ und der Abschlusstitel „Give It Up“, bei dem Joyce von der Bühne steigt und sich an die Absperrung macht um die Zuschauer der ersten Reihe zu begrüßen. Ein besonderer Anblick ist auch, wenn sich Joyce bei diesem Stück auf der Bühne räkelt, was die Intensität des Auftrittes noch einmal verstärkt.

Die Band löste sich 1984 auf und fand im Jahr 2000 wieder zusammen. Am 20. Juli 2003 gastierten Mother’s Finest auf Burg Satzvey in der Eiffel. Dort spielten sie einen Gig in der Besetzung Joyce „Baby Jean“ Kennedy (Gesang), Glen „Doc“ Murdock (Gesang), Gary „Moses Mo“ Moore (Gitarre), John „Red Devil“ Hayes (Gitarre), Wyzard (Bass, Backgroundgesang), Kerry „Lovinggood“ Denton (Schlagzeug) und Jonette „JJ“ Johnson (Backgroundgesang). Dieses 2003’er Konzert auf Burg Satzvey ist ebenfalls auf der DVD enthalten. Im Pferdestall der Burg (er wird für Auftritte genutzt), dessen Pfeiler mit Kerzenleuchter eine besondere Atmosphäre verströmen, muss die Band zwar auf einer kleineren Bühne Platz nehmen, was ihren Auftritt aber nicht minder druckvoll rüber kommen lässt wie ihr legendäres 78’er Konzert. Sichtlich in die Jahre gekommen machen die Mitglieder der Band immer noch eine gute Figur. Sieben der zehn Stücke, die sie 1978 im Programm hatten, sind auch im 2003’er Set enthalten, darunter auch das Basssolo von Wyzard, das auch im neuen Jahrtausend mitreißen kann.

Als Bonus vervollständigt diese wunderbare Veröffentlichung ein 18minütiges Interview aus 2003, in dem Joyce über die Karriere und die Einflüsse des Rockpalast-Auftritts erzählt.

Mit „Mother’s Finest Live At The Rockpalast 1978 + 2003“ ist ein wichtiges Zeitdokument endlich auf DVD erschienen, das jeder Rockpalastfan in seiner Sammlung haben sollte. Interessant ist auch zu sehen, wie sich die Band weiterentwickelt hat. Sehr zu empfehlen.

Stephan Schelle, April 2012


 
 

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