Barclay James Harvest fest. Les Holroyd - Live
Kultopolis (2006)
(17 Titel, Spielzeit 125 Minuten)

In den 70’ern feierte die britische Rockband Barclay James Harvest, kurz BJH, mit ihrem symphonischen Rock ihre größten Erfolge. Das damalige Quartett Les Holroyd, John Lees, Mel Pritchard und Woolly Wolstenholme hatte sich Ende der 90’er aufgelöst und es entstanden zwei Lager. Zum einen war das John Lees, der als Barclay James Harvest Through The Eyes Of John Lees firmiert und Les Holroyd, der unter der Bezeichnung Barclay James Harvest feat. John Lees weitermachte.

Letzterer ging mit seiner Band, bestehend aus Mike Byron-Hehir (Leadgitarre, Backgroundgesang), Ian Wilson (Gitarren und Gesang), Colin Brown (Keyboards und Backgroundgesang), Steve Butler (Perkussion, Keyboards und Backgroundgesang) und Paul Walsham (Schlagzeug) sowie den Prager Philharmonikern auf eine ausgedehnte Europatournee. Neben kleineren Locations (s. meinen Bericht vom Konzert in Iserlohn) füllte die Band wie hier im Galaxie von Amnéville, Frankreich, auch größere Hallen. Waren die Originalversionen schon sehr symphonisch angelegt, so sind die Songs geradezu geschaffen, sie mit einem Philharmonieorchester aufzuführen und das beweist auch die vorliegende DVD.

Die Aufzeichnung dieses Konzertes fand am 06.04.2006 statt. Das Konzert beginnt mit dem Aufmarsch der Prager Philharmoniker, die als erstes allein das Stück „The Song (They Love To Sing)“ spielen. Das erste, was auffällt, ist die recht klein wirkende Bühne in der Halle. Dieser Effekt tritt ein, weil die Bühne nicht die ganze Breite des Saales einnimmt und auch nicht komplett ausgefüllt ist. Vielmehr werden bei den recht häufig hell ausgeleuchteten Passagen die kargen Seiten der Halle/Bühne sichtbar. Daneben prangt als einzige Bühnenausstattung im Hintergrund lediglich das BJH-Logo. Dies trübt den Gesamteindruck aber nicht nachhaltig. Auch das zweite Stück „Crazy City“ spielen die Philharmoniker noch allein. Dann kommt die Band unter großem Applaus auf die Bühne und nach dem noch sehr klassischen „Prelude“ geht es dann nahtlos mit der Ballade „January Morning“ vom letzten Album „Revelution Days“ in die rockige Phase des Konzertes über. Das erste, an das ich mich allerdings wieder gewöhnen musste, war die hohe Stimmlage von Les Holroyd. Aber nach wenigen Momenten ist man wieder in diesem Retrofeeling und fühlt sich einfach wohl bei diesen Schmusesongs.

Es folgen mit „Back In The Game“, „Yesterday’s Heroes“, „Rock ‘N’ Roll Star”, “Mockingbird”, “Berlin” und “Ring Of Changes” einige Klassiker der Band. Les hat es dabei verstanden, die Stücke in einem sehr guten Arrangement für Orchester und Band umzusetzen, denn die sie zünden in diesen Versionen noch genauso wie früher. Den Song „Rock ‘N’ Roll Star”, der mit einem sehr floydig gespielten Gitarrenriff á la „Run Like Hell“ (allerdings in gedämpfter Form) beginnt, widmet Les dem bereits im Jahr 2004 verstorbenen Drummer Mel Pritchard.

Das Publikum in der bestuhlten Halle verhält sich über das Konzert hinweg allerdings sehr ruhig und lauscht dem Konzert sehr andächtig. Nach „Life Is For Living“, bei dem erstes rhythmisches Klatschen zu hören und sehen ist, kommt dann der Kracher des Konzertes, den Les mit den Worten ankündigt: „Jetzt kommt ein Song aus der Vergangenheit, an den sich einige von euch erinnern werden. Ich hoffe, dass ich mich an ebenfalls erinnern kann“. Sanfte Keyboardklänge leiten diesen Song ein, der sofort unter die Haut geht und mich heute, im Jahr 2007, immer noch direkt ins Herz trifft (ich weiß ich bin ein Weichei). Sobald Les das Gitarrenintro spielt, wird klar, es kann sich nur um ihren Hit „Hymn“ handeln. Waren die Zuschauer bisher an ihre Stühle gefesselt, ändert sich diese Situation schlagartig und es kommt Leben in die französische Bude. Während des Stückes hält es kaum noch jemand auf seinem Stuhl. Diese Version gefällt mir ausgesprochen gut und stellt für mich das Highlight der DVD dar. Allein wegen dieses Stückes hat sich der Kauf des Silberlings gelohnt.

Als letzter Titel des offiziellen Teils folgt dann das rockig/poppige „Love On The Line“, danach verlässt die Band kurz die Bühne. Es folgt mit dem Stück „Shadows On The Sky“ eine 14minütige Zugabe. Dieser Song hat einen Schlagzeugrhythmus, den wir u. a. von Peter Gabriel’s „Biko“ her kennen. Wie beim Fußball verlässt dann nach mehr als zwei Stunden der Star, Les Holroyd, als erster unter großem Applaus das Spielfeld, während die anderen noch ihre Instrumente bedienen. So gehen dann nach und nach alle Musiker vom Platz, während das Publikum noch freudentrunken johlt. Ein gelungener Abgang.

Als Extras wurden der DVD noch Bildergalerien aus der Pressekonferenz, dem Soundcheck, dem Konzert sowie ein deutscher TV-Spot von Kabel 1 spendiert. Die Bildergalerien laufen aber leider ohne musikalische Untermalung ab, was dann doch etwas eintönig wirkt. Insgesamt sind die Specials doch etwas dürftig geraten.

Die DVD ist im 16:9 Format gehalten, was bei einem meiner DVD-Player dazu führte, dass das Bild gestaucht (ohne die schwarzen Ränder im oberen und unteren Teil des Bildschirmes) angezeigt wurde. Der Ton lässt sich nicht einstellen und weist lediglich das Format Dolby Stereo auf. Ansonsten ist die Bild- und Tonqualität aber gut.

Insgesamt ist die DVD all denen zu empfehlen, die Symphonic-Rock mögen. Ich denke das der Name BJH schon für sich allein spricht.

Stephan Schelle, Juni 2007


 
 

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