Aswad – Live At Rockpalast – Cologne 1980
Made In Germany Music - MIG (2016)
(9 Stücke, 60 Minuten Spielzeit)

Als die britische Band Aswada 1980 im Studio B des Westdeutschen Rundfunks in Köln im Rahmen des Rockpalastes auftraten, kam ein Film in die englischen Kinos, der das Leben jamaikanischer UK-Immigranten sowie deren Konfrontationen mit Polizei und National Front als Spielfilm inszenierte. Der Film hieß „Babylon“ und war das Pendant zu Jamaikas The Harder They Come, über den der Doors Drummer John Densmore sagt: „The Harder They Come brachte die wichtigste Musik der 70er und 80er Jahre. Reggae drehte den Beat um, setzte politische Texte darauf und bewirkte, dass die Menschen sich anders bewegten und anders dachten.“

Der Hauptdarsteller von Babylon stammte aus Guyana und hieß Brinsley Forde. Er war der Leadsänger einer Band aus dem Westen Londons, die sich 1974 in der Gegend um Ladbroke Grove mit dem Schlagzeuger Angus Gaye alias „Drummie Zeb“ und drei weiteren Musikern, die in Köln schon nicht mehr dabei waren, gefunden hatte. Der Bandname stammte aus dem Arabischen und war gemeint als Statement: Aswad – Schwarz!


Zum Zeitpunkt ihres Rockpalast-Auftrittes waren Aswad noch Teil der Londoner Punky Reggae Party, die Lee Perry 1977 mit einem Bob Marley Song ausgerufen hatte. Ihr Stil war großteils von Marleys Musik inspiriert (nicht umsonst trägt Gitarrist Martin Augustine beim Konzert ein T-Shirt mit Bob Marley And The Wailers), was auch beim Konzert in Köln zeigte. Jahre später stiegen sie zu Popstars auf und zollten zeitweise dem Mainstream Tribut. Doch 1980 zeigten sie sich noch von einer natürlicheren, raueren und ungestümeren Art und Weise.

Der gut einstündige Konzertmitschnitt zeigt neun Stücke, die Aswad vor sitzendem Publikum spielten, was für sie wahrscheinlich auch ungewöhnlich ist, denn die rhythmische Musik ist regt doch eher zum Tanzen und Bewegen an. Zunächst war die Stimmung im Studio B noch recht ruhig, was sich aber im Verlauf des Konzertes noch ändern sollte.

Die ersten Stücke wie „Only Jah Children“ oder „I A Rebel Soul“ sind von traditionellem Reggae durchzogen. Punkeinflüsse sind noch nicht wirklich wahrzunehmen, das ändert sich aber zum Ende des Konzertes. Mit „Back To Africa“ ist ein sehr schönes, melodisches Stück im Programm, bei dem Schlagzeuger Angus Gaye den Hauptgesang übernimmt. Ansonsten ist Gitarrist Brinsley Forde am Mikro zu finden.

In „Rainbow Culture“ kommen erstmals leicht funkige Klänge von Keyboarder Clifton Morrison ins Spiel. Auch kommen jetzt weitere Elemente in den Gruppensound. Zu Beginn von „Not Guilty“ sorgt Schlagzeuger Angus Gaye mit einem kurzen Solo (u. a. mit E-Drums) für gute Stimmung, zu dem dann Keyboarder Morrison eigentümliche Klänge aus seinem elektronischen Instrumentarium holt. Auch der Echoeffekt, den sie nun einsetzen wirkt ungestüm und leicht anarchisch. Es dauert einige Minuten bis sie dann den Reggae wieder in den Vordergrund holen.

Highlights des Konzertes sind aber die beiden Longtracks „Three Babylon“ und „Natural Progression“ mit denen das Konzert dann endet.

Aswad „Live At Rockpalast - Cologne 1980“, das am 25.11.2016 erscheint, ist eine schöne Veröffentlichung, die die Band noch in ihren Anfangstagen zeigt, als sie noch ungestüm und rau auf der Bühne agierten und noch nicht von der Musikindustrie vereinnahmt wurden.

Stephan Schelle, November 2016


 
 

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